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Islam, Politik und der sogenannte „Islamismus“

von | 21. Mai 2014 | Glaube, Publikationen

Wie die „arabische Revolution“ deutsche Politiker und Experten herausfordert.
Es ist vernünftiger, einen Menschen ins Parlament „zu schieben“ und ihm ein Mikrofon anzubieten, als ihn in die Berge „zu verdrängen“ und mit Waffen auszurüsten.

Islam und Politik
Die grundlegenden Quellen des Islams beschreiben nicht direkt ein bestimmtes Staatssystem. Aus den Qur’an Versen sind die islamischen Grundprinzipien Freiheit (2/256), Gerechtigkeit (5/8) Beratung (42/38) und Kompetenz abzuleiten. Daher kann der fundamentale soziopolitische Wert des Islams als Freiheit, Gerechtigkeit und Beratung (Parlament) definiert werden und jedes Modell einer Führung, die diese Kriterien umsetzt, ist isla­misch. Die Zweckbestimmung des Staates ist die Verteidigung und Bewahrung dieser Werte, welche sich auf das Ziel richten, die allgemeinen Fragen der Gesellschaft zu lösen. Dies muss auch der Standpunkt sein, an dem sich der Staat positioniert, ohne sich in die Bestimmungen der Religionsauslegung einzumischen, die eher den individuellen und institutionellen Bereich der Glaubensgemeinschaft regeln.
Doch die Muslime regier(t)en ihre Staaten nach zwei unterschiedlichen politischen Staatsmodellen: Bei den Sunniten stand die Religion unter der Führung und Kontrolle des Staates, bei den Schiiten hingegen stand der Staat unter der Führung und Kontrolle der ­Religion. Der Eingriff von oben geht bei den Sunniten vom Staat aus, bei den Schiiten von der religiösen Obrigkeit. Beide Modelle haben jeweils eine Klasse von Geistlichen hervorgebracht. Diese Geistlichen verfassten politische Schriften, um den Fortbestand ihrer Systeme zu sichern. Das System der Einmischung der Religion in den Staat beziehungsweise des Staates in die Religion führte zur Entstehung und Zementierung von Monarchien und Despotien teilweise bis in unsere Tage hinein.

Bis zum heutigen Tag fand in den Kreisen von autoritären muslimischen Gelehrten keine tiefergehende innere Kritik dieser Systeme statt, bei intellektuellen und unabhängigen Theologen jedoch schon, die der Meinung sind, dass die Religion und der Staat weder eine in sich verschmolzene Einheit bilden können, noch im Sinne einer Partnerschaft ausein­andergehen oder gar gegeneinander vorgehen dürfen. Ihr Verhältnis zueinander soll weder monologischer, einseitiger, noch antagonistischer, feindlicher Art sein. Im Gegenteil, dieses Verhältnis muss sich auf der Basis der Gegenseitigkeit entwickeln. Es kann nicht darum gehen, welche Seite von beiden ihre Herrschaft über die andere errichtet, sondern nur um eine dynamische positive Wechselwirkung zwischen beiden. Das kann nur dadurch erreicht werden, dass alle machtpolitischen Einmischungen in den Staat und in die Religion abgeschafft ­werden.

Denn die Verstaatlichung der Religion als auch die Konfessionalisierung des Staates öffnen dem Missbrauch des Glaubens Tür und Tor. Im einen Fall wird die Religion für politische Zwecke, im anderen die Politik für religiöse Zwecke instrumentalisiert. Dieses System steht eher dem byzantinischen Herrschaftsmodell nahe und ist dem Islam fremd. Die heutige Aufgabe der muslimischen Gesellschaft besteht darin, die allein herrschenden Staatsmodelle in der Geschich­te zu begraben und die wesentlich islami­schen Werte wie Gerechtigkeit, Recht, Freiheit, gemeinsame Beratung und Kom­petenz derart neu zu interpretieren, dass sie ein institutionelles Gewicht ­erlangen (Demokratie). Daher enthält und kennt der Islam keinen sogenannten „Islamismus“ und damit existiert kein Anspruch auf einen sogenannten „Gottesstaat“.

Verletzende Begriffe
Politischer Islam und religiöse Extremismus stehen verkürzt für eine Art Definition des so genannte „Islamismus“; ein schrecklicher und erschreckender Begriff welcher im Westen erfunden wurde. Der so genannte Begriff „Islamisten“ (arab. islamiyyun) kommt kein einziges Mal im Qur’an vor. Die islamische Terminologie kennt nur den Begriff „Islam“ und „Muslime“. Ich bin, wie jeder in der Welt, der sich zum Islam bekennt, ein Muslim und kein „Islamist“. Die vermeintliche „Islamismus“-Definition wird am radikalsten von denjenigen Personen und Institutionen verbreitet, die sich ohne Zweifel gegen alle politischen Dimensionen – auch der friedlichen – der Islamischen Lehre stellen.

Ihre Theorien kommen in ihren Broschüren und Berichten folgendermaßen zum Ausdruck: „Islamismus ist geprägt von Intoleranz gegenüber Andersgläubigen, teilweise sogar gegen moderate Muslime. Aufgrund seines Absolutheits­anspruchs fordert der Islamismus einen Kampf gegen alle ‘Ungläubigen’ und steht für die weltweite Islamisierung, falls nötig durch Krieg und Unterwerfung aller Nichtmuslime. Westliche Demokratie- und Gesellschaftsvorstellungen werden abgelehnt. Es gibt im islamistischen System keine Gewaltenteilung, keine demokratische Gesetzgebung, keine Kontrolle der Staatsgewalt. Die Menschenrechte gelten nur eingeschränkt. Die Gleichheit der Menschen wird verneint; nur Muslime genießen volle Rechte.“ (Flyer: Demokratie in Gefahr, Islamismus, S 2., Bay. Staatsministerium des Innern, Dez. 2010. Unter dieser Definition waren zwei in Deutschland beheima­tete muslimische Organisationen gemeint, die IGMG und die IGD. Das Innenministerium hat diese Broschüre zurückgezogen, nach dem unter anderem auch meine Wenigkeit dazu aufgefordert hat. Das hat auch gezeigt, dass der Staat dialogbereit ist und Forderungen der Muslime nachgehen kann)

Diese „Islamismus“-Definition entstammt den Verfassungsschutzberichten und zielt direkt auf die Verbindung des Islams mit dem Terrorismus ab. Sie gehen sogar so weit, dass Islamismus und Terrorismus als Synonyme verwendet werden, sodass folgende Botschaft ergeht: „Islamismus“ ist gleich ­Terrorismus. Die Kette dieser Konnotationen ließe sich noch mit anderen ähnlichen Wort-Missbildungen fortsetzen. So kommt es – der Bequemlichkeit halber – zu Stellungnahmen, die sowohl die Taliban in Afghanistan, oder Boko Haram in Nige­ria oder das terroristische Netzwerk Al-Qaida, als auch die religiös-demokratischen Parteien in Tunesien, Türkei, Marokko oder Ägypten, alle als „islamistisch“ bezeichnen und damit alle auf einer Stufe gleichstellen – ein fataler Fehler! Wer ist „islamistisch“ hier, die in Tunesien regierende „Ennahda“ und die in der Türkei regierende AKP Partei, welche Demokratie und Meinungsfreiheit befürworten oder die Al-Qaida, welche ein totalitäres System befürwortet und Gewalt ausübt? Beide können nicht ein und dasselbe sein.

Es gibt keine renommierte, ­glaubhafte Instanz in Deutschland, die eine überzeugende, wissenschaftlich fundierte Antwort darauf liefert, wo der Islam ­aufhört und wo der so genannte „Islamismus“ beginnt. Da zuverlässige wissenschaftliche Stellen keine Definitionen des so genannten „Islamismus“ liefern, hat die überwiegende Mehrheit der Bürger als der Entscheidungsträger zu fungieren und somit zwischen „Islam“ und „Islamismus“ zu unterscheiden.

Ich versuche hier, einen objektiven und konstruktiven Beitrag zu derzeitigen und künftigen Diskussionen über den falschen Begriff des so genannte „Islamismus“ zu leisten. Ich bin der Überzeugung, dass es im Sinne der sozialen Sicherheit unvermeidlich ist, diesen heiklen, sehr empfindlichen Gegenstand genau unter die Lupe zu nehmen. Denn es handelt sich bei diesem Thema um eine gesellschaftlich relevante Angelegenheit, welche nicht nur den Westen, sondern auch den Osten angeht und nicht nur heute, sondern auch in Zukunft. Dieses für die Öffentlichkeit bedeutsame Anliegen sollte vor allem von objektiven Wissenschaftlern und Intellektuellen behandelt werden.

Wer dieses Thema einseitig nur von denjenigen behandeln lässt, die es ausschließlich in eine Perspektive der Gefährdung der Sicherheit stellen, liefert ein unsachgemäßes Bild, subjektive falsche Ergebnisse und letztlich einen Missbrauch dergleichen. So sind solcherlei Berichte heute in Europa Nahrung für rechtsextremistische und islamfeindliche Gruppen, die gegen den Islam gerichtet sind: Der Begriff des so genannten „Isla­mismus“ wird als Waffe instrumentalisiert, um die Muslime klein zu halten und eine Weltreligion zu diffamieren. Gewisse Kreise, die den Begriff des so genannte „Islamismus“ als Waffe einsetzen und das Wort „Islamist“ zum Schimpfwort machen, schüren Angst vor dem ­Islam und hetzen die Gesellschaft gegen Muslime auf.

Wenn es nachgewiesene Bestrebungen gäbe, die den Islam für Gewaltausübun­gen instrumentalisieren oder die Sicherheit des Landes gefährden wollen, so dürfen sie nicht mit dem Namen einer Religion belegt werden indem man dem Eigennamen der Religion fünf weitere Buchstaben (-ismus) hinzufügt. Wenn einzelne Personen oder Organisationen nachweislich terroristische Ziele verfolgen, so müssen sie objektiv beim Eigennamen genannt werden, aber nicht mit dem Namen des islamischen Glaubens. Denn Unruhestifter, die den Frieden gefährden, können unter keinen Umständen islamisch sein.

Genauso wie der Ausdruck „christlicher Terror“ von einem Christen als beleidigend empfunden werden würde, wird der Ausdruck „islam(ist)ischer Terror“ von einem Muslim ebenfalls als beleidigend empfunden werden. Denn keine Religion befürwortet ihrem Wesen nach extreme Positionen, geschweige denn die Gewalt und den Terror. Der Terror ist genauso wenig dem Islam eigen wie dem Christentum oder dem Judentum. „Der Terrorist kann kein Muslim sein, und ein Muslim kein Terrorist“ (F. Gülen). Das heißt auch, dass der Terror keinen Glauben haben kann, also weder „islamisch“ noch „islamistisch“ sein kann. Terror ist Terror, ohne ein religiöses Attribut. Den Namen einer Weltreligion als gleichbedeutend mit dem Terror zu verwenden ist nicht nur ein schändlicher Missbrauch sondern verstößt gegen die Verfassung, die den Schutz der Glaubensfreiheit und der Menschenwürde garantiert.

Die Ausdrücke „Islamismus“ und „Islamistischer Terrorismus“ in den Verfassungsschutzberichten beleidigen den Glauben und verletzen die Menschenwürde der friedfertigen Muslime, die in diesem Land leben, weil damit der Name ihrer Religion diskreditiert wird. Obwohl die Verantwortlichen sagen, der Islam sei mit dem Terror nicht vereinbar, benutzen die Berichterstatter und Journalisten gern und hartnäckig den Begriff „Terror“ mit dem Attribut „islamisch“ oder „islamistisch“.
So ist die Verquickung von Islam und Terror für die Bürger komplett, wenn die Bürger dem falschen Klischee der Medien entsprechenden Berichte lesen oder schauen. Es ist für den Frieden und die Sicherheit des Landes und der Welt wichtig, den Namen der Religion Islam von terroristischen Bestrebungen fernzuhalten, wie es die amerikanische Regierung bereits vorgemacht hat, obwohl sie Opfer eines Terroraktes war.

Der türkische Außenminister Davutoglu verurteilte die in Deutschland weitläufig vorherrschende Meinung, wonach der Terrorismus in Zusammenhang mit der Religion oder der Abstammung stehe. Davutoglu reagierte damit auf die Äußerungen des Bundesinnenministers Hans-Peter Friedrichs, der diesen Begriff einsetzte. Davutoglu sagte: „Die Türkei nennt den rassistischen Terror in Deutschland auch nicht ‘christlichen Terror’, und sieht in jedem Deutschen keinen Terroristen, deshalb habe auch niemand das Recht, islamischen oder islamistischen Terror den Muslimen anzuhängen. Das verletzte das Herz aller Muslime.“

Ist nun also die Sorge vor radikalen Kräften völlig unberechtigt? Natürlich nicht. Nur müssen sie richtig, authentisch und beim Eigennamen genannt werden.

Neo-Charidchiten ­analog zu Neonazis?
Wenn heute die radikalreligiösen Grup­pierungen religiöse Texte als politische Parolen verwenden, fühlt man sich in die Zeit der Charidschiten (die Gespaltenen) in das 7. Jahrhundert zurückversetzt, die schon damals den Muslimen große Schwierigkeiten bereiteten: Einerseits, weil sie Gewalt anwandten und andererseits, weil sie die andersdenkenden Muslime leichtfertig zu „Ungläubigen“ erklärten.

Diese im Jahr 657 von Muslimen abgespaltene extremistische Gruppe, die die religiösen Texte sowohl missbrauchten als auch dogmatisierten, haben im Laufe der Geschichte den Muslimen große Probleme bereitet. So wie im ­Westen heute die Neonazis und Rechtsextremisten eine Gefährdung der europäischen Werte darstellen, sind es in der islamischen Welt die ­Neo-Charidschiten, die eine Gefahr für die humanistischen Werte des Islams sind. Diese Extremisten, die aus kleinen, marginalen ­Gruppen und Personen zusammengesetzt sind, werden wiederum dem eigenen Glaubensbruder, dem Muslim zur Last, der am eigenen Leibe büßen muss. ­Tausende Muslime, die den Tod in Irak, Somalia oder Pakistan fanden, gehen auf die Rechnung dieser Terrororganisationen.

Diese Gruppen, die von keinem angesehenen Gelehrten in der muslimischen Welt Unterstützung genießen, werden ebenfalls von der breiten Masse der Muslime missbilligt. Diese Extremis­ten haben keinen Platz unter Muslimen. In einer authentischen Überlieferung von Al-Bukhari, eines der bedeutendsten islamischen Gelehrten, warnte der ­Prophet Mohammed (s) kurz vor seinem Tod die Muslime vor derartigen radikalen Strömungen, welche den Qur’an missbrauchen werden. An Aktualität hat seine Ermahnung nach wie vor nichts verloren. Diese radikalen religiösen Gruppen können ihren Einfluss nur verlieren und damit in die Bedeutungslosigkeit verschwinden, wenn man einerseits ständig wachsam bleibt, andererseits aber die Hindernisse vor den gemäßigten und weltoffenen islamischen Bewegungen räumt.

Islamisch-Konservative Demokraten
Nach dem Sturz der prowestlichen Diktatoren in einigen Ländern der arabi­sche Welt, und da die Religion von radi­kalen Gruppen immer häufiger instrumentalisiert wurde, entstand als Alterna­tive dazu ein neuer muslimischer ­Diskurs, der sich in religiösen Fragen rationaler und gemäßigter, in politischen Fragen demokratischer zeigte. Sie stellen fest, dass die demokratischen Werte wie Freiheit, Gerechtigkeit und Beratung, im Islam bereits vorhanden sind und dass die muslimischen Völker nur zu ihren eigenen Prinzipien zurückzugehen und diese zu systematisieren brauchen.
So traten innovative muslimische Denker auf: Sie konzentrierten sich auf die Gerechtigkeit als denjenigen Wert, der im Qur’an am stärksten hervorgehoben wird. Sie reaktivierten die lange verworfe­ne Methode des freien Denkens (Idschtihad) wieder und zogen Parallelen zwischen den politisch-ethischen Theorien des Islams und dem vom Westen entwickelten demokratischen System, um ein innovatives Islamverständnis aufzustellen.

Diese politischen Theologen setzten sich mit der Geschichte kritisch auseinander und verurteilen die Glaubenshaltung der extremistischen und ultraorthodoxen Kreise, denen sie einen Missbrauch des Islams vorwerfen. Dabei kristallisiert sich ein neuer Ansatz heraus, der die Angelegenheiten des Glaubens und der Welt beziehungsweise der Politik nicht miteinander vermengt, der sie aber auch nicht voneinander isoliert. Die intellektuellen Wortführer dieser Richtung stammen aus verschiedenen Ländern, und ihre Ansichten bezüglich des Verhältnisses zwischen Glauben und Politik bilden das philosophische Fundament, auf dem das künftige politische Denken der Muslime beruhen sollte.

Eine Politik mit islamischer Weltanschauung bedeutet, sich für Menschenrechte, für soziale Gerechtigkeit, für Rechtsstaatlichkeit, für Religions-und Pressefreiheit, für politische und ökono­mische Unabhängigkeit und wirtschaftliche Entwicklung einzusetzen. Ihre Vertreter gehen dabei auf Distanz zum theokratischen und zum ultralaizistischen Staatsverständnis und schlagen einen mittleren Weg vor. Die Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) in der Türkei ist der erste Versuch in einer muslimisch geprägten Welt, die Thesen von muslimischen Demokraten beziehungsweise zeitgenössischen muslimischen Intellektuellen und Theologen fortzuführen.
Der Sieg der AKP, welche sich als konservativ-demokratische bezeichnet, sowie die „Ennahda“ in Tunesien und PJD in Marokko sind ein Zeichen des Scheiterns des religiösen Extremismus in der muslimischen Welt. Die Politik der oben genannten muslimischen Parteien, welche den Islam nicht missbrauchen, ist von der Idee her exakt vergleichbar mit der Politik hiesiger Parteien mit christlichem Hintergrund, wie zum Beispiel die CDU/CSU, jedoch mit einem kleinen, feinen Unterschied: Die eine mischt das religiöse Attribut (also Christliche..) im Eigennamen der politischen Partei bei und die anderen eben nicht.

Das was beide eint, ist das parlamentarische System durch freie Wahlen. Das ehemalige Außenminister Westerwelle hat demokratische muslimische Parteien in der arabischen Welt mit christdemokratischen Parteien wie CDU und CSU in Europa verglichen. „Die islamische Ausrichtung von politischen Ansichten ist ebenso wenig ein Problem wie eine christliche Ausrichtung von politischen Ansichten. Entscheidend ist der demokratische Geist“. (Berliner Zeitung, 09.01.12) Ist dies eine bei demokratischen Muslimen lang ersehnte Ankündigung von einem Paradigmenwechsel der deutschen Politik?

Neue deutsche Politik mit Muslimen
All diejenigen, die „Islam ist willkommen, Islamismus nicht“ sagen (zum Beispiel Thomas de Maizière, SZ, 21.11.09), müssen sich der Frage stellen, ob sie zu dem zeitgenössischen und demokratischen Verständnis der Muslime, die heutzutage häufig vom Westen als sogenannte „Islamisten“ (manchmal „gemäßigte Islamisten“!) dargestellt werden, auch „nein“ sagen wollen? Werden solche Muslime weiter als „islamistisch-extremistisch“ gebrandmarkt und diskriminiert? Sollte man nicht eher zwischen diesen weltoffenen Muslimen und den extremistischen Kräften und militanten, den Neo-Charidschiten, unterscheiden und die muslimischen Demokraten für eine Zusammenarbeit bei gemeinsamen Zielen, bei gemeinsamen Unternehmungen gegen Gewalt und religiösen Extremismus gewinnen?

Ein Dialog und eine vernünftige Auseinandersetzung mit den Gewalt ablehnenden muslimischen Strömungen und ihre Integration in die Gesellschaft sowie ihre Partizipation am gesamtgesellschaftlichen Leben, können uns alle in eine friedliche Koexistenz führen. Auf sie kann sich die neue Bundesregierung bei der Gestaltung einer besseren Politik gegenüber den Menschen im In-und Ausland stützen, die weder arrogant noch ignorant daherkommt.
Eine Ausgrenzungspolitik gegenüber den gemäßigten Strömungen kann die Weltgemeinschaft in ein Chaos führen. Eine Unterstützung der Muslime, die die Demokratie befürworten, wird zur Isola­tion des religiösen Radikalismus führen.

Es ist vernünftiger, einen Menschen ins Parlament „zu schieben“ und ihm ein Mikrofon anzubieten, als ihn in die Berge „zu verdrängen“ und mit Waffen auszurüsten.

Quelle: Islamische Zeitung, Januar 2014

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