Islam und Dialog

23. Mai 2014 | Dialog

Vortrag von Benjamin Idriz und Gönül Yerli
Kardinal-Döpfner-Haus in Freising

Die Grundlage des Islams ist für die Muslime die Rede Gottes, die uns als letzte Ausprägung im Koran vorliegt. Dieses Wort ist ein umfassendes, welches die früheren Schriften aufgreift, teilweise richtig stellt, ergänzt, generell bestätigt und abschließt. All dies sagt das Buch über sich selbst aus. Wir erkennen hier eine Methodik des Korans, die Empfänger, in diesem Fall uns Menschen, anzusprechen. Mit einer der koranischen Methode, nämlich die der bildhaften und beispielgebenden Version, möchten wir heute unseren Dialogen beginnen. Den wir uns so vorstellen können: Geben wir uns ein im Hintergrund dieser stillen Atmosphäre, die Melodie eines uns bekannten Liedes zu hören. Das Orchester sinfonisiert in hervorragender Weise jeden Ton des Notenblattes – Töne die uns Menschen jeglicher Nation, Ethnie, Konfession und Hautfarbe wiedergeben. Ein Erlebnis für unsere Ohren und Sinne.

Zweifelsohne sind wir Zeitzeugen einer neuen Epoche der menschlichen Geschichtsbegegnung. Von der post-modernen Weltordnung, dessen Realität religiöse und kulturelle Vielfältigkeit mitbeinhaltet, gehört die Beziehung dieser Parteien unumgänglich dazu. Verabschiedet hat man sich schon längst von einem homogenen religiösen Weltbild. Gedanken des friedlichen und respektvollen Zusammenlebens in einem multireligiösen und multikulturellen Gesellschaftsbild nehmen Stellung ein.

Der Dialog ist alternativlos unser Partner auf dem langen Pfad unseres Bestrebens.
Nun, welche Bestrebungen gibt es auf islamischer Seite in einen ernsthaften Dialog mit Andersgläubigen einzutreten?
Das höchste Gut eines jeden gläubigen Muslims ist der Koran und mit ihm beginnen wir unsere Suche nach Fragen der islamischen Intention eines islamisch-christlichen Dialoges.

Dialog im Koran
Allem voran soll an dieser Stelle erwähnt werden, dass der Koran nicht nur von Christen spricht sondern auch Christen direkt anspricht.
Seit der Erstgemeinde der Muslime gehörten Christen zum wesentlichen Gesellschaftsbild einer heterogenen Religionsgemeinschaft.

Der Koran beginnt seine Geschichte – im Vergleich zur Bibel, die mit der Schöpfungsgeschichte anfängt – schon viel früher mit einem Dialog, der sich zwischen Gott und seinen Engelsgeschöpfen abspielt. In diesem Dialog verkündet Gott seinen Engeln die Erschaffung des Menschen. Der abwehrenden Haltung der Engel begegnet Gott mit überzeugenden Worten. Ein erstes Dialoggespräch schon bevor es überhaupt Menschen gab. Vom ersten Menschen und Propheten Adam angefangen bis hin zum letzten Gesandten Muhammed ist die empfangene Offenbarungskette charakterisiert mit der Dialogbereitschaft.

Koranische Erzählungen der vorislamischen Zeit, mit Propheten und deren vorbildhafte Begegnungen mit Ihrem Volk, bieten einen wunderbaren Ausgangspunkt für eine Plattform des Dialogs. Der Koran thematisiert, das Vorgehen dieser Propheten und spricht an vielen Stellen, deren Geduldslehre und den Gebrauch der schönsten Worte, an die zu Verkündenden der aktuellen, göttlichen Botschaften an. Zu den exemplarischen Beispielen gehört die Erzählung Moses, der nicht nur dafür bekannt war, an das jüdische Volk gesandt zu sein, sondern auch mit dem Pharao Wortduelle wechselte. So befahl Gott, Moses und dessen Bruder Aron, den Pharao von Ägypten aufzusuchen, der sich als Gottheit anbeten ließ, mit ihm auf die schönste Art und Weise in ein Gespräch einzutreten.

Diese Methodik ist allen Propheten und Gesandten zugeschrieben, bestätigt uns der Koran, so auch Muhammed, der seine Mitmenschen nicht schroff und hartherzig sondern im Milden und Sanften mit Ihnen umging. Der Koran, ist ohne Zweifel die Offenbarung für Muslime, aber Wissen wir auch, dass er wie ich eingangs schon kurz erwähnt habe, einen regen Dialogaustausch mit Andersgläubigen, ja sogar Nichtgläubigen führt und sucht? Und für Gelehrte wie Hasan Askari ist der Koran „das Buch des Dialoges“ schlechthin, argumentiert mit den Eigenschaften des Korans, dialogwillig und bereit zu sein.
Laut Koran, sind Muslime verpflichtet, Andersgläubigen mit Ehrlichem zu begegnen – mit der Annahme, dass auch diese den Muslimen in gleicherweise entgegenkommen. In Vers 29:46 heißt es hierzu:
„Und streitet nicht mit dem Volk der Schrift; es sei denn auf die beste Art und Weise. Ausgenommen davon sind jene, die ungerecht sind. Und sprecht: „Wir glauben an das, was zu uns herabgesandt wurde und was zu euch herabgesandt wurde; und unser Gott und euer Gott ist Einer; und nur Ihm sind wir ergeben.“

Diesbezüglich wird im Koran Muhammed und seine Erstgemeinde gelobt, allen Menschen, Sicherheit und Geborgenheit zu verkörpern und jeglicher Gewalt, Angst und Furcht entgegen zu treten.
Damit erkennt der Koran eindeutig die gleichberechtigte Position aller gläubigen Menschen an. Er versteht den Menschen als gleichwürdig erschaffenes Individuum, mit den identischen Rechten und Pflichten und damit die selbständige Freiheit seines Denkens und Handelns. Dies erfordert wiederum, dass der Muslim mit offenem Herz und Ohr an Andere in Respekt herantreten muss. Denn ihm ist bewusst: Alles liegt in Gottes Macht und hätte Gott gewollt, hätte er die gesamte Menschheit muslimisch werden lassen. Darauf ist auch zurück zu schließen, dass Menschen nicht mit Zwang zum Islam bekehrt werden dürfen.

Muhammed wird als letzter der Prophetenkette im Koran als eine Barmherzigkeit Gottes an die gesamte Menschheit verstanden.
Der Islam ist die Frucht eines langsamen Reifeprozesses der Menschheit, eines Prozesses, der von Anfang an vom Buche Gottes geleitet war, seit Urzeiten besteht und an die Menschheit von Adam, Noah und Abraham, dann von den alt- und neutestamentlichen Propheten – Moses bis zu David, Johannes dem Täufer und Jesus – weitergegeben wurde. Der Koran, das unnachahmliche, unvergleichbare, der Menschheit eingegebene Wort Gottes, bedeutet für den Islam in gewisser Hinsicht das, was Christus, das fleischgewordene Wort Gottes, für das Christentum darstellt.
Hören wir zum Abschluss dieses Abschnittes was dieses Werk uns zu sagen hat, bezüglich des Dialoges. In Vers 2:139: „Führt ihr mit uns Streitgespräche über Gott? Er ist unser Gott und euer Gott. Wir haben unsere Werke, für die wir verantwortlich sind, und ihr habt eure, für die ihr verantwortlich seid. Gott sind wir treu.“
„O Volk der Schrift, kommt herbei zu einem gleichen Wort zwischen uns und euch, daß wir nämlich Allah allein dienen und nichts neben Ihn stellen und daß nicht die einen von uns die anderen zu Herren nehmen außer Allah…“

Ein Dialog kann nur dann entstehen, wenn Dialogpartner sich im Frieden einander begegnen. Die Wortwurzel des Nomen Islam silm vertieft und gibt die Bedeutung des Friedens wieder, dass das islamische Grundprinzip bildet. Islam, die Religion des mittleren Weges und des Friedens, der den Anspruch einfordert für die gesamte Menschheit friedvolles und humanes zu verleihen. Die Initiative zu ergreifen, liegt in der Obhut jedes einzelnen Muslims. Den Muslimen, die tagtäglich die Islamische Begrüßungsformel salam verbreiten. Letztendlich verstehen wir den Koran als heiliges Handbuch für einen funktionalen Dialog, der uns in Stücken einander näher bringt.

Lassen sie uns in die Historischen Ereignisse des islamisch – christlichen Dialogs versetzen.
Der Islam, als jüngste Religion entstand in keinem abstrakten Umfeld, sondern fand sich in einer Pluralen Ordnung mit Juden, Christen und dem Heidentum ein. Der islamisch christliche Dialog ist so alt wie es den Islam gibt, d.h. bis hin zur Offenbarung der ersten Worte Gottes an seinen auserwählten Propheten Muhammed und eigentlich auch schon viel früher, wenn wir uns an die Legende erinnern, dass im Kindesalter von 12 Jahren Muhammed seinen Onkel bei einer Handelskarawane nach Syrien begleitete und auf dem Weg dorthin in der heutigen syrischen Kleinstadt Bosra im Kloster dem nestorianisch christlichen Mönch Bahira begegnet, der ihm seine prophetische Berufung vorhersagt.

Der Prophet Muhammad traf häufig mit Waraqa ibn Nawfal, einem der angesehensten christlichen Gelehrten seiner Zeit in Mekka, zusammen. Als der Prophet seine erste Offenbarung empfing, war der Christ einer der Ersten der davon hörte und klärte ihn auf, ihm sei – wie schon zuvor dem Propheten Moses – Gabriel, der Engel der Offenbarung, erschienen. Als aufrechter christlicher Gläubiger unterstützte er Muhammad. Mit ihm stellte sich ein bekannter christlicher Gelehrter auf die Seite des angehenden Propheten und sprach ihm Mut zu.

Als der letzte Gesandte Gottes begann, seine Botschaft offen zu verkünden, bekämpften die heidnischen Mekkaner ihn und seine Anhänger mit allen Mitteln. Der Prophet erkannte, dass die Probleme in Mekka immer größer wurden. Daher beschloss er, einige von ihnen in das christliche Abessinien zu schicken. Die Wahl des Propheten fiel auf dieses Land, denn er spürte, dass die Christen dort ihm näher standen als die Heiden von Mekka. Als die ersten muslimischen Gäste in Abessinien eintrafen, wurden sie vom König empfangen.

Mit einer Briefbotschaft bat Muhammed die Emigranten im Land aufzunehmen und nahm so einen ersten nonverbalen Dialog auf. Geschichtshistorisch gesehen ein Dialog der sich auf der Ebene des fremden Bodens – unter der Obhut der Fremden – vor einem christlichen Negus abspielt. Nach der Auswanderung von Mekka nach Medina verschickte Muhammed offizielle Briefe an die christlichen Herrscher mehrer Länder und lud sie zum Islam ein. Auffällig waren die diplomatischen Formulierungen der Schriftsprache und die äußerst höfliche und freundliche Ansprache der Empfänger. Adressiert unter anderem an die Herrschaftshäuser dem Negus von Äthiopien, Kaiser Heraklius von Byzanz und dem König Muqauqas von Ägypten.

Die zweifellos wichtigste Interaktion zwischen Christen und dem Propheten Muhammad fand anlässlich des Besuchs einer Delegation der Christen von Nadschran in Medina statt. Die Mehrzahl der Christen auf der Arabischen Halbinsel lebte in Nadschran. In vorislamischer Zeit hatten ausländische Lehrer wie z.B. der römische Priester Gregentius die Stadt besucht und ihr religiöses Wissen weitergegeben.
In Medina angekommen diskutierten die Mitglieder der Delegation aus Nadschran in der Moschee in Medina mit dem Propheten. Außerdem wurde ihnen gestattet, dort auch zu beten. Hier kam es zum ersten friedlichen Dialog zwischen Christen und Muslimen in der Geschichte. Und zum ersten Mal beteten Christen in einer Moschee.

Der Prophet Muhammad hieß die Delegation aus Nadschran herzlich willkommen und stellte ihr einen sicheren Platz in der Nähe der Moschee zur Verfügung, auf dem sie ihr Lager aufschlagen konnte. Seinen Anhängern befahl er außerdem, das Zelt der Gäste aufzubauen. Trotzdem fanden die Delegation und Muhammad in theologischen Begriffen keinen gemeinsamen Nenner. Am Ende des Meinungsaustausches sagte einer der Christen zum Propheten: „Wir haben uns entschieden, dich so zu nehmen, wie du bist, und du nimmst uns, wie wir sind. Aber schicke uns einen Mann, der die Angelegenheiten bezüglich unserer Besitztümer regelt. Denn wir erkennen dich an.“ Dieser Bitte entsprach der Prophet, und so übergab er der Delegation eine schriftliche Zusicherung, die den Christen von Nadschran den Schutz von Leben, Religion und Besitz garantierte.

Kontroverse Dialoge auf höchster theologischer Ebener dokumentiert uns vor allem das islamische Mittelalter. Der Sitz des Kalifen Mensur von Bagdad war Zeitzeuge von islamisch – christlicher Diskussion. Während dieser Epoche wurden Dialoge beider Parteien, gleichwohl in Wort oder Schrift, der Öffentlichkeit zugänglich oder ausgegrenzt, veranstaltet. Dialogische Korrespondenz wurde fein säuberlich nachgewiesen.
Das islamische Großreich war zu seiner Zeit bedacht auf die Belange, Sorgen und Nöte der Minderheiten unter Ihren Staatsgrenzen wahrzunehmen. Zweifellos war die Amtszeit der Türken einer der beispielhaften unter den vielen nationalen Regierungsepochen. Als die Seldschuken die Oberhand in Anatolien erlangten gab es ein Aufatmen der dortigen Christen. Seldschukische Dynastien besuchten Kirchen und Klöster und spendeten große Summen an die Verwaltung, bis hin zur Aufhebung der Staatssteuern ging ihre Toleranz.

Die aufstrebenden Osmanen traten zu Beginn des 14. Jahrhunderts das Erbe der Seldschuken in Anatolien an. Das Osmanische Reich war eines der größten und am längsten bestehenden Imperien der Welt, mit 22 unterschiedlichen Nationen und Religionszugehörigkeiten, bildete es ein Mosaik von Ethnien, einen geschichtlichen Beweis für das friedliche Zusammenleben multireligiöser Menschenmassen in einer islamischen Staatsordnung. Die Osmanen duldeten die wirtschaftliche und soziale Unabhängigkeit Ihrer Andersgläubigen Mitmenschen, Konfession, Sprache und Volkszugehörigkeit durften beibehalten werden. Dabei galt das besondere Interesse den christlichen Gemeinden, dass man hier nicht als besonders Erhaben deuten sollte, sondern man war sich des eigenen religiösen Rechts und dessen Verantwortung bewusst. Und seit der Blütezeit des Osmanischen Reiches bis in die Gegenwart, blieb der Islam im Balkan und in Zentraleuropa in der Minderheit. Nach wie vor war das Christentum dominant, unter anderem zurückzuführen auf eine tolerante, aufgeschlossene Dialogpartnerschaft, der Dynastien.

Rücken wir nun allmählich ein wenig Näher an das gestern gewesene und heutige Dialoggeschehen zwischen Islam und Christentum.

Mit der Einberufung des Zweiten Vatikanischen Konzils vom 11. Oktober 1962 bis zum 8. Dezember 1965 ist auch nach über 40 Jahren noch eine wichtige Wegmarke für den Dialog der Religionen und Kulturen. Papst Johannes Paul II. würdigte die Ergebnisse des Konzils in seinem Testament als „ein großes Geschenk“, aus dem auch künftige Generationen noch schöpfen könnten. Das Konzil suchte nicht nur den Dialog mit anderen christlichen Kirchen, sondern mit allen Menschen, einschließlich ihrer Kulturen und Religionen. Für die Muslime brach damit ein zwanzigstes Jahrhundert neuer Hoffnungen und damit verbunden eine klare Dimension von christlich-islamischen Selbstverständnisses. Dem Konzil haben wir es zu verdanken, auf religiöser Ebene einen Dialog führen zu können der von Christen initialisiert und damit erst gesellschaftsfähig eingegliedert wurde, im direkten einbeziehen des Islams, der heute als DER Dialogpartner gilt.

Auf der muslimischen Seite ist zu bedauern, dass nach einigen Jahrzehnten noch keine vollständige ähnliche Institution und Organisation zustande gekommen ist. Dennoch laufen auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene facettenreiche Dialogveranstaltungen von Muslimen ins Leben gerufen. Kurz seien einige dieser weltweiten Einrichtungen hier erwähnt werden.

  • Der 1926 in Mekka mit Sitz in Jeddah gegründete WORLD MUSLIM CONGRESS, war Initiator der späteren INTERNATIONAL ISLAMIC FORUM FOR DIALOGUE, mit dessen Tätigkeit die letzten Jahre der Dialog vor allem in Europa und in den Vereinigten Staaten intensiviert wurde.
  • 1962 schloss sich MUSLIM WORLD LEAGUE an, die 1982 in Colombo erstmalig ein aktives Dialoggespräch mit seinem christlichen Partner suchte. Die Ereignisse am 11. September waren der Anlass, eine weltweite Tournee des Dialogs mit bekannten Gesichtern der islamischen Welt zu starten.
  • 1976 bereiste eine geistliche Delegation aus Libyen den Vatikan, zwischen dem ersten und zweiten Februar erschloss sich aus dieser Begegnung ein Berufungskomitee in Tripolis, die beidseitige Dialoggespräche auf eine Ebene der bisher unbekannten Begegnung trugen. Mit nahezu 400 Teilnehmern aus aller Herren Länder, wurde ein Meilenstein für die zukünftigen essentiellen Dialoggespräche gelegt. Libyen schöpfte aus diesen christlich – islamischen Begegnungen weiteren Mut und schloß sich 1982 im World Islamic Call Society Verbund zusammen. Was dazu führte eine weitere Zweigstelle in Malta einzurichten, die seit 1987 die Zeitschrift „DIALOGUE“ in maltesisch herausbringt.
  • 1994 dann ein Durchbruch auf wissenschaftlichem Fundament, mit dem Sitz in Amman THE ROYAL ACADEMY FOR ISLAMIC CIVILISATION RESEACH war die Geburt des THE ROYAL INSTITUTE FOR INTERFAITH STUDIES um Forschungen zwischenreligiöser Beziehungen und den Dialog der Religionen weiterhin mit zu unterstützen.
  • Eine der bekanntesten europäischen Einrichtungen seit 1973 ist THE ISLAMIC FOUNDATION mit Sitz in England. Eine eigens eingerichtete Arbeitsgruppe mit dem Namen THE INTER FAITH UNIT und eine Zeitschrift die sich FOCUS benannt betreibt sie seit 1978 aktive Dialogarbeit.
  • Zuletzt soll hier auch DITIB genannt werden, zumal sie hier zu Lande einer der größten Dachorganisationen darstellt, ein Ableger der in der Türkei ansässigen staatlichen türkischen Behörde für Religionsangelegenheiten. Seit 1999 beherbergt sie einen Ausschuss für religiöse Dialoge. Vielleicht können Sie sich noch an den 13.11. der jüngsten Vergangenheit erinnern, an der auch DITIB beteiligt war, als in Istanbul eine hochrangige Gruppe der Vereinten Nationen für eine Allianz der Zivilisationen, die unter der gemeinsamen Schirmherrschaft von Spanien und der Türkei steht, ihren Schlussbericht und Aktionsplan vorlegten und hiermit auf höchster staatlicher Basis ein ernstzunehmendes Wort sprachen für den Dialog der Religionen und Kulturen.

Das waren wie erwähnt ein Tortenteil der zielstrebig und offen organisierten Dialoginstitutionen von muslimischer Seite. Bereitwillig sind diese für weitere und vertiefte Gespräche interessiert, wenn es hier nicht einige Hürden zu überwinden gilt. Nämlich die der finanziellen Unabhängigkeit oder auch Abhängigkeit, denn die meisten sind nicht staatlich gefördert und auf Spenden angewiesen, hinzu kommt die räumliche Eingeschränktheit und der Einfluss von Außerhalb.

Wir sehen den Dialog im Anfangsstadium, wenn sie so möchten noch im Krabbelalter des Säuglings, die ja nicht lange anhält. So sollten wir uns fokussieren auf eine Zeit der effektiven Zukunft, die sich sicherlich nicht nur im Dialog der Religionen und Kulturen verhängen wird.
Trotz der rapide zunehmenden muslimischen dialogischen Einrichtungen in der christlichen Welt, kann nur ein bedingter Vergleich zur christlichen soziologischen Seite geführt werden. Oftmals sind die Organisationen überlastet mit Anfragen, es fehlen die kompetenten Ansprechpartner, so manch ein muslimischer Wissenschaftler übergeht den Weg zu ihnen. Uns so werden sie vorwiegend Einzelpersonen anfinden, die sich im liberalen Lager sehen, im Westen ihren festen Lebensunterhalt bestreiten oder Muslimische Akademiker. Von der Leitlinie des Dialoges der Religionen, lässt man sich nicht abkommen: ein Dialog ohne Polemik, der zur Konvention zwischen Kulturen und Zivilisationen hinarbeiten soll.

Die Kraft und den Mut in die Zukunft positiv sehen zu können, nehmen Muslime ihrer religiösen Überzeugtheit und koranischen Botschaft als Referenz für eine Weltordnung des friedlichen Miteinanders. Dialog beginnt für Muslime 14 Jahrhunderte zuvor mit den Worten Gottes, gerichtet an die gesamte Menschheit unter ihnen auch Christen und gerade deswegen Partner im Glauben.

Ist der Islam eine missionarische Religion?
Zum Synonym der christlichen Mission gehört die arabische Bezeichnung Dawa, übersetzt Einladung, genauer jemanden zu sich einladen.
Für einen Muslim, der zum Islam einlädt, ist diese Handlung ein Mittel, seiner eigenen Annäherung an Gott und ein Mittel, Sein Wohlwollen zu erlangen.

Dawa, ist der Ruf an die Einheit Gottes zu erinnern und den Islam immer wieder auf eine annehmbare Art und Weise den Mitmenschen zu verkünden. Mit der letzten Inspiration Gottes an Muhammed schließt sich zwar die göttliche Kundschaft, wird aber in die Verantwortung des Muslims gelegt, der diese Lehre weiterhin öffentlich hegen und pflegen soll.

Dawa wird im Koran an 6 Stellen wörtlich erwähnt und mit 205 Wortwurzeln in ein breit gefächertes Bedeutungsschema gepackt. So kann es eine Aufforderung zum Islam, zum Glauben, zum Wege Gottes, zum Buch Gottes, zur Wahrheit, zur Lebensquelle, zur Glückseligkeit und zum Heil bedeuten. Dawa ist die Aufforderung, eine Gemeinschaft zu bilden, die zum Rechten und Guten gebietet und das Böse verwehrt.
Auch die taktischen Mittel wie eine Dawa auszusehen hat, wird thematisiert: Lade sie mit Weisheit und den schönsten Worten zum Wege Gottes ein, diskutiere mit ihnen akzeptabel, heißt es im heiligen Buch.

Koranexegesen unterscheiden drei Typen von Menschen die sich in Dialoge verwickeln lassen. An erster Stelle kommen Weise und aufgeschlossene Menschen, die ein faktisches recht darauf besitzen, von der Wahrheit in Kenntnis gesetzt zu werden. Diese Typen wollen meist datensichere Quellen, die ihnen der Koran bietet. Zum mittleren Typus gehört die Mehrheit der Geschöpfe an, sie werden als die reinlichen der Geschöpfe gesehen, die mit guten Ratschlägen geführt werden sollen. Der dritte hingegen sucht das kontroverse Gespräch, ihm zu begegnen könnte zum unangenehmen Diskurs führen. Aber auch hier gilt, unter den ethnischen Regeln zu bleiben.

Dawa ist wie eine vielbefahrene Straße. Zu beachten gilt, dass nicht nur der Fahrer auf der einen Fahrbahnseite zu Wort kommt, sondern auch der Gegenverkehr dazu befragt wird. Dawa ist keine psychologische Gehirnwäsche oder etwa ein zwingendes, blindes Vertrauen. Wie Christen ihre Mission verstehen, sind auch Muslime mit dem Grundsatz der Dawa verpflichtet.

Welche Rolle spielt nun der Dialog im Zusammenhang mit Dawa?
Dialog führt über Umwege zur Dawa und bereitet das Milieu für eine Dawa Aussprechung vor. Muslime benutzen immer mehr die Plattform des Dialoges für die Dawa Mission.

Der Philosoph und islamische Mystiker Seyyed Hossein Nasr, ist der Dialog, die Summe der Dawa. Er geht sogar noch weiter und sagt, wenn Muslime in religiösen Dialogen, einen Gesprächspartner anfinden und von ihm profitables lernen, erringen sie Ressourcen für den weiteren Verlauf ihres eigenen dawa Auftrages. Diesen setzen sie in späteren Dialogen ein und erkennen dadurch ihre eigene religiöse Gesamtheit. Mit diesen Gedanken meine sehr verehrten Damen und Herren, komme ich nun langsam zu meinen Schlussworten
Die Welt von morgen ist eine Pracht mit unterschiedlichen Kulturen und Religionen.

So wie wir uns heute beide verstanden haben, besitzt der Frieden einen außerordentlich hohen Stellenwert. Daher sollte es eigentlich selbstverständlich sein, dass die Anhänger unserer beiden Traditionen alles in ihrer Macht Stehende tun, um dem Frieden in der Welt zum Durchbruch zu verhelfen. Lokale Probleme bleiben heutzutage nicht lange lokal begrenzt. Die lokalen Probleme von heute sind die globalen Probleme von morgen. Kriege, bewaffnete und unbewaffnete Konflikte, Hungersnöte, ökologische Krisen, die Bedrohung der Menschheit durch den nuklearen Holocaust und Unterdrückung und Tyrannei, aber auch Arbeitslosigkeit, Rassismus, Umweltschutz, Terror, Gewalt, und weiter noch Islamophobie, Status der Frauen und Kinder in Religionen und Gesellschaftsschichten, sind nicht Probleme einer bestimmten Religion, sondern globale Probleme, die alle Gläubigen betreffen. Es existiert heute einfach keine lokale Situation mehr, die nicht von einer allgemeineren kulturell-politischen Situation beeinflusst wäre. Die globalen Probleme der unterschiedlichen religiösen Gemeinschaften lassen sich nur dann lösen, wenn wir Verständnis füreinander aufbringen, unsere Mitmenschen respektieren und uns gegenseitig so akzeptieren, wie wir sind. Je mehr gläubige Menschen die Krisen unserer Zeit als globale Krisen begreifen, teilen und gegen sie antreten, desto eher wird unser Planet bereit sein, uns auf ihre Schultern weiterhin zu tragen.

Dialog beinhaltet auch für Muslime nicht als unbeteiligter Konsument, sondern als selbstbewusstes und verantwortungsvolles Mitglied der Gesellschaft: teilhabend an sozialen, politischen, ökonomischen und anderen gesellschaftlichen Partizipationsprozessen und auf diese Weise auch die eigene Gegenwart gestaltend – nämlich muslimisch zu sein und in Europa zu leben und zu sterben.

Ich habe Sie am Anfang meiner Ausführungen gebeten, einem Sinfonieorchester Gehör zu geben. Jetzt bitte ich um die Hilfe ihres Sehsinns. Betrachten sie Europa wie einen Garten. Je mehr Blumen- und Pflanzensorten es dem Auge bietet, umso angenehmer und lehrreicher ist es, darin lustzuwandeln, und umso mehr neue Arten können sich durch unentwegte Kreuzungen bilden.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Cookie Consent mit Real Cookie Banner